|
Das neue Wolterstorff - Gymnasium
Von Wilfried Reimann
Die Vorgeschichte des neuen Wolterstorff-Gymnasiums
Es war ein kalter, dunkler
Februarabend in den Winterferien des Jahres 1990. Ich stand in der Ballenstedter
Rathenaustraße und klingelte bei Familie Rohde, stellte mich vor und äußerte mein
Anliegen. Ich suchte aufgeschlossene Kollegen, die meine Ideen in Bezug auf eine
Wiedereinrichtung einer zum Abitur führenden Schule in der Stadt Ballenstedt teilen
würden. Kollegen, die bereit wären, im Rahmen einer Initiativgruppe die Möglichkeiten
der sich im Osten Deutschlands auch in Bezug auf Schule abzeichnenden Wende zu
nutzen.Viele sich in meinem Kopf verknüpfende Gedanken brachten mich auf die Idee. Da
waren zuerst meine beiden Töchter. Beide in einem Alter, um demnächst zu einer
erweiterten Oberschule zu gehen. Diese Oberschule war aber 15 Kilometer von ihrem
Heimatort Radisleben entfernt. Mein Bruder hatte 1972 als einer der letzten Schüler das
Abitur in Ballenstedt abgelegt. Die Abiturbildung war für mich als Lehrer ein
interessantes Arbeitsgebiet. Während im Osten Deutschlands nur zehn Prozent der Schüler
ein Abitur ablegen konnten, waren dies im Westen zirka 35%. Mir der Ballenstedter
Abiturtradition bewusst werdend, sah ich gute Chancen über die Formierung einer
Bürgerinitiative die Wiedereinrichtung einer EOS oder eines Gymnasiums zu erreichen. Drei
Wochen später legte ich einer Gruppe von interessierten Ballenstedter Kollegen und
Bürgern meine Gedanken dar. Wir schmiedeten Pläne: Einbeziehung der sich gerade
formierenden neuen politischen Kräfte, Vorstellung unserer Ideen in der Schulverwaltung
und in der Schulaufsicht des Kreises Quedlinburg, die Sammlung von Unterschriften für
unser Anliegen ...
In den Sommerferien forderte
mich der neue Schulrat, Herr Sachtler, auf, eine Konzeption für ein neues Ballenstedter
Gymnasium zu erstellen. Am 24.9.1990 erhielt ich als Sprecher unserer Initiativgruppe eine
Einladung zur Mitwirkung in der Arbeitsgruppe Abiturbildung des Kreises
Quedlinburg. Es ging um Kreisplanung, Bedarfsermittlung und um Strukturvorschläge
für einzelne Einrichtungen. Die Ballenstedter Konzeption wurde mit Schreiben vom
1.11.1990 von der Bezirksverwaltungsbehörde Halle, Abteilung Bildung, grundsätzlich
anerkannt und dem Kultusministerium als oberste Schulbehörde weitergeleitet. Unser
Vorhaben war auf den Weg gebracht. Nun hieß es,
wachen Auges zu schauen ob es im Ziel ankommt. Die Vereinigung Ehemaliger Wolterstorffer
(VEW) begrüßte die Idee, in Ballenstedt wieder ein Gymnasium zu gründen. Nach einer
Zusage vom Kultusministerium Magdeburg stand fest, Ballenstedt erhält ein Gymnasium,
eines von fünf im Kreis Quedlinburg. Die Frage der Gebäude war nur so zu lösen, dass
die Schule in zwei Gebäuden, in der Allee und in der Bebelstraße, untergebracht werden
kann. Letzteres beherbergte jedoch noch die Schule für Sozialpädagogik. Der Landkreis
entschied sich im Interesse des Gymnasiums für den Umzug der Schule für Sozialpädagogik
auf den Großen Ziegenberg, dem Gelände der ehemaligen SED-Parteischule, die nach
damaligem Wissensstand die Stadt in Verwaltung bekommen sollte. Ich bewarb mich als
Schulleiter und wurde auch in dieser Funktion eingesetzt. Durch das Kultusministerium in
Magdeburg wurden Lehrer für die gymnasiale Stufe nach Bewerbung zugelassen, und ich
konnte nun mein Kollegium, bestehend aus 26 Lehrern, zusammenstellen.
Als Ende Juli 1991 das Alleegebäude
übergeben wurde, waren schon Handwerker dabei, vielfältige Veränderungen im Schulhaus
vorzunehmen, um ein schönes Gymnasium entstehen zu lassen. Alle Lehrer legten in den
Ferien Hand an, um in kürzester Zeit, d.h. am 1.9.1991, mit dem Schulbetrieb beginnen zu
können.Klare Vorstellungen gab es auch für bauliche Veränderungen im Gebäude
Bebelstraße. Aber die Schule für Sozialpädagogik konnte wegen ungeklärter
Eigentumsansprüche nicht umziehen, so war das Gebäude für das Gymnasium nicht frei.
Heute wissen wir, dieser Zustand sollte noch ein ganzes Jahr dauern !
In Sachsen - Anhalt einigte man sich
nach der Wende auf ein Schulmodell, in dem die Gymnasien die Klassenstufen 5 bis 12
umfassen. In den Klassenstufen 11 und 12 wurde der Unterricht in Deutsch und Geschichte im
Klassenverband durchgeführt. Für die weiteren Fächer wurden Grund- bzw. Leistungskurse
angeboten. Die Bewertung nach Punkten ( 0 bis 15 ) wurde eingeführt. In Sachsen - Anhalt
erfolgte für die schriftlichen Abiturfächer eine zentrale Vergabe.
|